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west Cloppenburg

Sie wollten sie auslöschen. Familien wurden auseinander gerissen, Männer und Jungen ermordet, Frauen und Kinder verschleppt, versklavt, vergewaltigt, zwangsverheiratet. Als die Terrormiliz des IS am 3. August 2014 die Yeziden am Fuße des Sindschar-Gebirges im Nordirak überfielen, verloren mehr als 10.000 ihr Leben, wurden in Massengräbern verscharrt. Hunderttausende mussten fliehen und darben bis heute in kargen Lagern. Noch immer ist ihr Heimatgebiet vermint und gefährdet. Noch immer liegen ihre Dörfer in Trümmern. Noch immer werden mehrere tausende Frauen vermisst. Diejenigen, die zurückkehrten, sind schwer traumatisiert.

Rund 75 Teilnehmer versammelten sich zum Gedenktag am 3. August am Pingel Anton, um an den yezidischen Völkermord 2014 zu erinnern. Foto: privat

Vergessen sind sie alle nicht, auch nicht von jenen, die sich retten konnten und in sicheren Ländern Zuflucht fanden: An jedem 3. August versammeln sich Überlebende, Angehörige der Religionsgemeinschaft und Unterstützer weltweit zum Gedenktag. Sie rufen den grauenvollen Völkermord in Erinnerung und mahnen an, den gequälten und verfolgten Yeziden zu helfen. So auch die Yezidische Gemeinde und der Deutsch-Yezidische Kulturverein in Cloppenburg. Rund 75 Teilnehmer trafen sich am vergangenen Dienstag zu einer Gedenkfeier auf dem Pingel-Anton-Platz, machten mit Plakaten auf das Schicksal der Genozid-Opfer aufmerksam. Neben dem Vorstand der in und um Cloppenburg rund 750 Mitglieder zählenden Gemeinschaft, sprach auch Sheg Abdula Mutlu als einer ihrer führenden Köpfe zu ihnen. Auch wenn der Irak den Angriff des IS im März dieses Jahres endlich als Völkermord anerkannt und den Yeziden in einem neuen Gesetz finanzielle Unterstützung zugesagt hat: Die Angst und die Not bleiben, denn wirksamen Schutz bedeutet das noch immer nicht. Dafür machen sich die Unterstützer am jährlichen Gedenktag stark.

 

Der yezidische Glaube...

…ist in unserer Region außerhalb der Gemeinde nur wenigen bekannt. Ihre Religion gehört zu den ältesten weltweit, wurzelt in der Zeit um 2000 vor Christus. Die überwiegend kurdisch-stämmige Gemeinschaft wurden in ihrer langen Geschichte immer wieder angegriffen und verfolgt. Dabei ist das Yezidentum keine aggressive oder invasive Religion. Die Gläubigen, die neben Gott auch den Engel Melek verehren, integrieren sich meist problemlos in andere Gesellschaften, respektieren Andersgläubige. In Sachen Familiengründung bleiben sie aber unter sich: In der Regel heiraten Yeziden untereinander und nur daraus geborene Kinder gelten als Yeziden. Ihre Glaubenslehren und Traditionen stehen in keiner Schrift, sie werden mündlich von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Dabei spielen Seelenwanderung und Wiedergeburt eine wichtige Rolle. Im Verlauf der Jahrtausende entwickelte sich ihre Glaube zu einem Konglomerat, das auch Elemente aus dem Islam, aber auch aus dem Christentum übernahm.      -west-