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Ralf Raabe lebt und arbeitet in Cloppenburg. Foto: Privat

Bereits im Mai haben wir über den Roman „Adrian Blackwell” berichtet. Der Artikel ist hier zu finden. Wir haben Autor Ralf Raabe zum Interview getroffen.

Redaktion: Nordische Götter, geheimnisvolle Runen, das Totenreich – Ist Adrian Blackwell vielleicht der Cousin von Percy Jackson? 
Ralf Raabe: Nun, „Adrian Blackwell“ ist bestimmt kein typischer Fantasy-Roman. Es geht um einen Jungen, der sich nicht nur mit dem Erwachsenwerden herumschlägt, sondern auch noch den Tod seines Vaters verarbeiten muss. Dabei gerät er mit der Welt der nordischen Mythologie in Berührung, mit der sich sein Vater als Professor in Oxford befasst hat. Die fantastischen Elemente sind nicht Selbstzweck, sondern immer bezogen auf den Helden und seine Entwicklungsaufgabe und ordnen sich dem unter. Vielleicht sieht man das auch daran, dass er sich im klassischen Kampf „Gut gegen Böse“ nicht einfach auf die Seiten der Guten schlägt, sondern seinen eigenen Weg findet. Ich erhalten von vielen Lesern die Rückmeldung: „Normalerweise lese ich kein Fantasy, aber das fand ich gut.“ Das freut mich natürlich sehr. 

Redaktion: Sind die Figuren im Roman rein fiktiv, oder an Menschen in Ihrem Leben angelehnt? 
Ralf Raabe: Also, ich bin den nordischen Göttern noch nicht begegnet, aber das war ja auch nicht Ihre Frage. Im Ernst: Um eine Figur glaubhaft zu entwickeln zu können, muss ich mich als Autor in sie hinein fühlen. Da suche ich ganz automatisch Anknüpfungspunkte in meinem eigenen Leben. Wenn ich mit einer Figur Probleme habe, führe ich in schriftlicher Form ein regelrechtes Interview mit ihr, um sie besser zu verstehen, ganz so wie Sie jetzt mit mir. Dabei ist gar nicht zu vermeiden, dass ich jeder Figur ein wenig von mir selbst mitgebe und dem, was ich mit anderen Menschen erlebt habe. Oft überrascht es mich zutiefst, was mir die Figuren auf diese Weise über sich mitteilen. 

Redaktion: Wie war der Schreibprozess für Sie? Haben Sie es sich leichter/schwerer vorgestellt?
Ralf Raabe: Kreativität funktioniert bei mir nach dem „Blackbox-Prinzip“: Ich beschäftige mich tagsüber mit Figuren, Rechercheergebnissen, möglichen Handlungsverläufen usw. In der Nacht geschieht in meinem Unterbewusstsein etwas damit. Und das schreibe ich am nächsten Morgen auf. Es ist eher, als lausche man einem Diktat. Wichtig ist, dass man viele Ideen auf diese Weise hervorbringt und nicht auf die erstbeste anspringt, sondern alles so lange wie nötig lose hält. Dann fügt sich alles von allein zusammen. Generell scheint es wichtig, schneller schreiben als denken zu können. So gibt man dem kritischen Verstand keine Chance den kreativen Prozess in seiner verwundbaren Phase zu stören.

Redaktion: Was genau gefällt Ihnen am Schreiben am meisten?
Ralf Raabe: Viele glauben, man braucht eine Idee, um mit dem Schreiben anzufangen. Es ist umgekehrt. Meist setze ich mich an den Rechner, ohne vorher zu wissen, was ich schreiben werde. Ideen sind das Resultat des Schreibens, nicht ihre Voraussetzung. Es ist diese Offenheit im Prozess, die mir Freude macht. 

Redaktion: Wie hat Ihr Umfeld reagiert, als Sie publik gemacht haben, dass Sie ein Buch schreiben wollen? 
Ralf Raabe: Mein Umfeld erfuhr davon erst, als ich einen Verlag gefunden hatte. Laut Verlagsangabe richtet sich der Roman an Leser ab 13 Jahren. Mich hat überrascht, aber auch gefreut, so viele positive Rückmeldungen von älteren Lesern zu bekommen. Vielleicht liegt es daran, dass nicht die Fantasy-Aspekte im Mittelpunkt stehen, sondern ein Junge, der seinen Weg im Leben sucht. Eine Aufgabe, vor die schließlich jeder einmal steht oder gestanden hat. 

Redaktion: Ist der Roman so geworden, wie Sie es sich am Anfang vorgestellt haben? 
Ralf Raabe: Ich hatte nicht die Absicht, einen Fantasy-Roman zu schreiben. Ich wollte die Geschichte erzählen von einem Jungen, der den Tod seines Vaters verarbeitet. Dabei taucht er in die Welt der nordischen Götter ein, mit denen sein Vater sich als Professor in Oxford befasst hat. Erst im Prozess des Schreibens wurde mir bewusst, dass ich Fantasy schreibe. Letztlich ist das aber nur ein Etikett. Wichtig ist, dass am Ende der Leser das Buch nicht mehr aus der Hand legen will. Die Mühe, die es kostet, eine Geschichte auf diese Weise zu erzählen, darf man dem fertigen Buch nicht mehr anmerken. 

Redaktion: Wie bekommen Sie die Berufe Lehrer und Schriftsteller unter einen Hut? 
Ralf Raabe: Daraus mache ich inzwischen kein Geheimnis mehr: Mein Wecker klingelt morgens um viertel vor drei. Dann arbeite ich ein paar Stunden an meinem laufenden Projekt und fahre danach wie jeder andere zur Arbeit. Aber mit dem befriedigenden Gefühl, schon etwas Kreatives getan zu haben. Disziplin braucht man dafür nur am Anfang; nach kurzer Zeit wird das eine Gewohnheit. Dafür gehe ich abends aber auch zeitig schlafen. 

Redaktion: Sprechen Ihre Schüler Sie häufig auf Ihre Bücher an? 
Ralf Raabe: Ich bin mir nicht sicher, ob die meisten von meinen Schülern überhaupt wissen, dass ich schreibe. Sie kennen mich in erster Linie als Lehrer und nehmen mich wohl auch nur ausschließlich in dieser Rolle wahr. 

Redaktion: Was würden Sie Jungautoren raten? 
Ralf Raabe: Schreib! Schreiben lernt man nur durch schreiben. Schreib jeden Tag. Warte nicht auf die Inspiration. Schreiben kannst du immer und überall. Und versuche nicht, es allen recht zu machen, sondern erzähle die Geschichten, die in dir brennen. Mach‘ kein Drama aus dem Schreiben. Genieße es! 

Redaktion: Ist schon ein neues Projekt in Planung? 
Ralf Raabe: Tatsächlich arbeite ich an mehreren Projekten gleichzeitig. In den letzten Monaten habe ich beispielsweise die Recherchen für einen historischen Roman abgeschlossen. Jetzt habe ich meinem Verlag zugesagt, dem ersten Band des „Adrian Blackwell“ einen zweiten hinzuzufügen. Ich will nicht zu viel versprechen, aber Band 2 verspricht noch spannender zu werden!