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Von Gaby Westerkamp

Cloppenburg/Norderney.
Nein, wir reden hier nicht von Sibirien oder von der Arktis. Tomas Cramers „Frostland” liegt vor der ostfriesischen Nordseeküste und ist den meisten eher als Strandurlaubsziel oder Partylocation vertraut: Norderney. Auf der Insel setzt der Krimi-Autor seinen Privatermittler Frank Gerdes auf einen Doppelmord an: Der Pfarrer und ein ehemaliger Klinikchefarzt wurden ins Jenseits befördert. Bei seinen Recherchen gräbt der Detektiv neben menschlichen Desastern Stück für Stück kriminelle Machenschaften aus, die gut drei Jahrzehnte zurückreichen und von Vergewaltigung über Immobilien-Betrug und Korruption bis zum Baby-Handel reichen. Ein bisschen Drogenmafia spielt auch noch mit: Die Geschichte hat es in sich und bedient alle kriminellen Ressorts.

Fast ein bisschen „too much” für eine beschauliche Insel. Aber Cramer schickt seinen Helden auf klug komponierte Ermittlungswege und zeichnet seine Charaktere mit feiner Feder und sicherem Blick für zwischenmenschliche Stimmungen. So nimmt er die Leser mit rein in das große Puzzle, das Stück für Stück das ganze Panorama der letztlich dann doch plausiblen Zusammenhänge offenbart.

Schnüffler Gerdes bringt sich dabei wieder mal in vermeidbare Schwierigkeiten, ob in der alten Hotelruine, im Versteck der Drogenhändler in den Dünen oder im Hangar des Inselflugplatzes. Man kauert mit ihm in Deckung, neugierig und gebannt beobachtend. Und man ahnt eben immer ein bisschen früher als der Held, dass er gleich wieder was auf die Mütze kriegt. Ganz ohne Blessuren kommt der Schnüffler halt nie durch…

Fazit: Einiges, was zwischenzeitlich ein bisschen weit hergeholt klingt, fügt sich letztlich doch schlüssig ein in diesen Krimi, der in der Inselkulisse beste Unterhaltung bietet und gerade jetzt für lange Schmökerabende den perfekten Stoff liefert!

Zum Autor: Der gebürtige Cloppenburger Tomas Cramer lebt im Weserbergland. Wie schon in „Novemberblut”, das in seiner Heimatstadt „floss”, hat er auch in „Frostland” viel Norderneyer Lokalkolorit eingebaut. Denn er kennt die Insel gut, auf der er als fünfjähriges Verschickungskind einige Wintermonate verbrachte. Ein bisschen Cloppenburg ist auch wieder dabei. Und ein Abstecher nach Schottland – dort lebt seine Tochter. Ein dritter Gerdes-Fall ist in Vorbereitung. Aber darauf müssen wir noch eine Weile warten.